Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, sehr geehrte Damen und Herren,
wer das aktuelle Weltgeschehen mit offenen Augen betrachtet, der hat in den letzten Monaten gelernt, dass die Art und Weise, wie wir bisher zentrale Bereiche unserer Gesellschaft organisieren, zukünftig so nicht mehr fortführbar ist. Es ist offensichtlich, dass viele unserer Denkweisen und Prozesse keine Lösungen für die aktuellen Krisen darstellen, da sie auf Kurzfristigkeit, Beharrungskräfte der Privilegierten und vor allem starker Konkurrenz basieren. Das betrifft u.a. die Energieversorgung, die Klimapolitik aber auch unser Zusammenleben.
Wenn wir das Ziel haben, eine lebenswerte Gesellschaft wie auch unseren Planeten zu erhalten, dann sollten wir – NEIN müssen wir – schnellstens umdenken und neue Lösungsansätze suchen.
Daher freute sich die SPD-Fraktion als Bürgermeister Shaikh den Haushalt 2023 unter den Titel: „Gemeinsam stark, zusammen durch die Krise“ stellte und dem Haushalt die Feststellung: „Ein verantwortungsvoller Umgang mit unseren Ressourcen ist in diesen Zeiten wichtiger denn je“ voranstellte.
Aufgrund dieses Versprechens des Bürgermeisters hätten wir uns einen Haushalt für 2023 vorgestellt, der aufzeigt, welche Wege Eschborn einschlagen soll, um die aktuellen Krisen gemeinsam mit ALLEN Bürgern zu meistern, und langfristig Weichen stellt.
Nach den Haushaltsberatungen müssen wir aber bilanzieren, dass dieser Haushalt weder die Grundaussage ‚gemeinsam stark‘ noch das Versprechen ‚zusammen durch die Krise(n)‘ erfüllt.
Vielmehr haben wir einen unsere Gesellschaft teilender Haushalt aufgefunden, der keine Ansätze zeigt, wie man die großen Aufgaben unserer Zeit bewältigt. Und der Haushalt wiederholt bei den Ressourcen die substantiellen Fehler der letzten Jahre.
Es ist ein „Augen zu, Kopf in den Sand, die Probleme lösen sich von alleine“-Haushalt. Aber das Ignorieren der Probleme ist – zumindest für die SPD-Fraktion – kein gangbarer Weg.
Ich werde die nächsten Minuten nutzen, um Ihnen die Gründe aufzuzeigen, warum wir zu diesem Ergebnis kommen und daher diesen Haushalt zwangsläufig ablehnen müssen.
Der größte Fehler des Haushalts: Augen verschließen vor den großen aktuellen Herausforderungen
Trotz der Zeitenwende mit Krieg, Energie- und Umweltkrise findet sich nichts Substantielles im Haushalt, um diese großen Herausforderungen zu meistern.
Um dieses große Versäumnis auszugleichen hat die SPD-Fraktion Anträge genau zu den Themen gestellt. Aber wir mussten in den Haushaltsberatungen lernen: Auch die Koalition verschließt ihre Augen vor den aktuellen Problemen und lehnte jeden unserer Anträge, die sich mit den Themen Erderwärmung, Umweltschutz, Energievermeidung/ Abkehr von den fossilen Brennstoffen ab. Zumeist: Wortlos! Wir hätten ein ernsthaftes Befassen mit diesen essentiellen Zukunftsthemen erwartet.
Stattdessen behandelt der Haushalt und die Koalition sehr aktiv: Sonnenschutz am Büze, Tribünenüberdachung Sportanlage und Graffitientfernung. Alles valide Themen in normalen Zeiten, aber nichts weichenstellendens/zukunftweisendes in den besonderen.
Wie es besser geht, zeigt zum Beispiel die auch wohlhabende Gemeinde Unterhaching. Sie ist ein groß angelegtes Geothermie Projekt angegangen, und kann damit ihre Bürger kostengünstig CO2 neutrale Wärme versorgen, unabhängig vom Weltmarkt. Nach den generellen Ausführungen zu unseren eigenen Schwerpunkten im Einzelnen:
- Schwerpunkt: Energiepolitik
Im Eschborner Haushalt findet sich zur Energiesparthematik: Wie kann man Eschborn von den fossilen Brennstoffen unabhängig machen, nicht ein Wort. In den letzten Wochen wurde das Herabsetzen der Temperatur in öffentlichen Gebäuden diskutiert, aber langfristige Lösungsansätze? Keine Überlegung!
Lieber kurzfristige Energiesparmaßnahme, als darüber nachzudenken, wie man z.B. das Schwimmbad auf lange Sicht energiegünstiger ausstatten kann. Das ist der falsche Weg!
Wir dagegen schlugen vor, dass Eschborn ein Konzept entwickelt, wie sich Eschborn mittels regenerativer Energieformen selbst versorgen kann. Möglich wären z.B. Beteiligung an Solarfarmen oder Offshore Windparks. Dieburg hat ein Schwimmbad, das sich selbst Co2neutral versorgt. Leider lehnte die Koalition wortlos ab.
Neben unseren langfristigen Plänen wurden auch unsere kurzfristigen Vorschläge zur Verbesserung der Eschborner Energiebilanz wortlos abgelehnt. So schlugen wir vor, Gelder dafür einzustellen, die Kitas und Horde energetisch zu sanieren. Wie so oft: Wortloses ablehnen!
- Schwerpunkt: Umweltschutz.
Auch beim Umweltschutz das gleiche Bild. Es gab keinen einzigen Antrag der Koalition, welcher den Umweltschutz behandelt und auch alle unsere Anträge, welche langfristige oder kurzfristige Maßnahmen zum Umweltschutz behandelten: abgelehnt, so z.B.
Erstellung eines Umweltkonzept, mit dem Ziel Pflanzen auf öff. Flächen in Hinsicht auf die Erderwärmung langfristig schützen, Pflanzen zu identifizieren, die man wegen der höheren Temperaturen jetzt pflanzen und wie man die lokale Tierwelt schützen kann. Auch zur Wiederanpflanzung der abgestorbenen Bäume hatten wir einen konkreten Antrag gestellt. Abgelehnt.
Offenen Auges, völlig sprach und tatenlos ins ökologische Verderben. Wir verstehen es einfach nicht. Insbesondere, da die Grünen einen erheblichen Anteil der Eschborner Koalition stellen und die Grünen sich auf der Bundesebene der nachhaltigen Energie- und Umweltpolitik verschrieben haben. Deshalb hofften wir, dass wenigstens die Eschborner Grünen einen umwelt- und energiepolitisch zukunftsweisenden Haushalt mitgestalten werden. Dieses Vertrauen wurde leider, leider enttäuscht.
Zu den fehlenden Antworten auf die aktuellen Fragen wiederholt der Haushalt zusätzliche die Fehler der letzten Jahre:
Erster Fehler: Der Ergebnishaushalt schließt negativ ab, obwohl auf der Einnahmenseite die höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten eingeplant sind. Das heißt, dass dem Bürgermeister schlichtweg die Fähigkeit bzw. die Stärke fehlt, die Ausgabenseite in der Verwaltung zu kontrollieren bzw. unpopuläre Sparmaßnahmen durchzusetzen. Nachhaltiges wirtschaften geht anders!
Er hat jetzt auch im 2. Jahr, in welchem er den Haushalt zu verantworten hat, nicht verinnerlicht, dass ein guter Kämmerer versuchen muss, zumindest die schwarze Null zu erreichen.
Ohne die Stärke eines Kämmerers auch mal unpopuläre Maßnahmen zu treffen und zu sparen, wird die substantielle Schieflage für die nachfolgenden Generationen zu massiven Problemen führen. Die heute Schwäche/ die massiven Geschenke in alle Richtungen wird eine massive Hypothek für die Zukunft.
Zweiter Fehler: Vergrößerung Projektstau. Auch bei den Investitionen macht der Haushalt wieder die Fehler der letzten Jahre: Vergrößerung des Projektstaus durch zusätzliche Projekte.
Wie im letzten Jahr haben wir versucht, verschiedene Bauprojekte zu streichen, bei denen selbst der Fachbereichsleiter Bauen erklärte, dass er sie 2023 nicht wird durchführen können. Wir erhofften uns, dass die Koalition vielleicht aus den Fehlern im Jahr 2022 lernt und nach der Erklärung des Bauamtsleiters zumindest mit uns diese Projekte streicht. Die zeitlich fehlerhafte Planung des Bürgermeisters müssen wir Niederhöchstädter aktuell beim Radweg ausbaden. Aber auch hier wurden wir enttäuscht, – wie bei den Zukunftsthemen.
Abschließend komme ich zu dem Punkt, warum dieser Haushalt spaltet. Er bezieht sich – in Anbetracht der aktuell sehr angespannten Gesamtlage bei den kleinen und mittleren Einkommen – zu sehr auf Besserverdiener und Vereine. Beide Gruppen sind selbstverständlich auch! ein wichtiger Teil unserer Stadtgesellschaft. Aber wegen der existenzbedrohenden Probleme anderer Gruppen ist der aktuelle Haushalt besonders auch an den vulnerablen Gruppen auszurichten. Daher haben wir bei Vereinen nichts gestrichen, sondern nur Ansätze für vulnerable Gruppen eingebracht. Erfolglos.
Die Koalitionssicht: Der Sonnenschutz am Büze hat Vorrang zum dem Lärmschutz an der 3005 – hier will das Bauamt mit Baudezernent Shaikh nach der Erklärung in der Haushaltslesung nicht tun! Aus unserer Sicht ist die Gesundheit der vielen Menschen im Hanseatenviertel wichtiger, als das Amüsement weniger unter dem neuen Sonnenschutz am Büze.
Wir wollen den dringend benötigten Wohnbau in der Sulzbacher Straße/Unterortstr. vorantreiben. Trotz der bekannten Wohnungsnot mit 400 Familien auf der Liste erscheinen – von außen betrachtet – die Partikularinteressen einiger Anwohner der Koalition wohl wichtiger. Und statt bezahlbarer Wohnungen noch zusätzliche Millionen für das Rathausprojekt…. nicht unser Weg.
Die Tafel aufgrund der aktuellen Probleme mit 20.000 Euro mehr ausstatten. Sicht der KOA: Auf keinen Fall, denn das könnte einen Wettbewerb „wer gibt der Tafel mehr“ ausrufen. Aber der Sonnenschutz am Büze kann gerne 80.000 Euro kosten…….
Aber das beste Beispiel ist das Jubiläumsgeld. Fakt ist: Die exorbitanten Mieten in Eschborn/ im Rhein Main Gebiet stellen auch viele städtische Mitarbeiter vor massive Probleme, jetzt kommen noch die explodierenden Energiekosten dazu. Gerade die jungen Mitarbeiter, welche in den Zugehörigkeitsstufen noch nicht nach oben geklettert sind, leiden am meisten.
Und was macht der Bürgermeister mit der Koalition? Sie wollen ein Jubiläumsgeld einführen, welches junge Mitarbeiter mit den niedrigen Einstiegsgehältern explizit ausschließt.
Die SPD-Fraktion hat dagegen einen Antrag eingebracht, der alle Mitarbeiter einem Bonus zukommen lässt, aber auch hier war die Antwort der Koalition: Nein danke, wir wollen den jungen Mitarbeitern mit den schmalen Gehältern nichts geben. Ein solches Verhalten spaltet die Gesellschaft. Und genau damit zementiert man den Fachkräftemangel durch Demotivation der jungen Mitarbeiter. Auch nicht unser Weg
Damit komme ich zum Schluss: Die SPD-Fraktion lehnt den Haushalt ab. Allerdings bringen wir hiermit nochmals die dem Vorsteher vorliegenden Anträge ein. Dann muss jeder Stadtverordnete in diesem großen Plenum zeigen, welche Haltung er zu den Zukunftsthemen wie auch zu den von den aktuellen Krisen am meisten betroffenen Eschbornern hat.